Das Zelt (Tipi) in der Box 😉



An sich ist das hier die technisch saubere Lösung: ein RasPi in der PEB, eigene Stromversorgung und direkter Anschluss ans Netz per LAN-Kabel.
Doch jetzt kommen die "Aber"s...
Da ist zum einen der Preis der Platine an sich (USD 139,99), dazu die exorbitanten Versandkosten (USD 44,43), und dann auch noch der Zoll plus MwSt. und Bearbeitungskosten (EUR 45,33).
Am Ende kamen auf diese Weise knapp EUR 205,- zusammen - natürlich ohne den Pi 3B+, der nochmal EUR 45,- kostete - summa summarum also EUR 250,-!!!
Und das für eine Lösung, die noch nicht einmal die 32K Speichererweiterung mitbringt. Na gut - ich wollte es ja nicht anders... 😉
Und man muss auch fairerweise anmerken, daß es sehr schwer ist, heute Hardware für Projekte zu beschaffen, die entweder kaum nachgefragt sind oder nicht mehr vom "Erfinder" unterstützt werden. Aber an der SW-Unterstützung liegt es in diesem Fall nicht - das letzte DSR-Update ist erst ein knappes halbes Jahr alt.
Wie dem auch sei - ich habe dieses Board bei der Brewing Academy bestellt, wo man ein sehr spezielles Verhältnis zu der Angabe "in stock" hat.
Zudem findet man es dort opportun, ein wirklich extrem unschönes Logo auf dem Silkprint zu plazieren, das natürlich runter musste, bevor die ersten Bilder gemacht werden konnten. Naja, ist ja auch wurscht - Hautptsache das Ding war verfügbar und kam auch irgendwann an.

Etwas schockiert war ich aber schon, als ich das Paket in Händen hielt - "von der Post wiederverpackt um den Inhalt auf gefährliche Gegenstände zu prüfen." und eine - unleserliche - Unterschrift. Hey Leute - das Ding ging doch nicht in das Land 404!!!
Naja, die Karte lag noch drin, wenn auch neben der Luftpolsterfolie, die Rechnung etwas zerknittert und das Ganze recht unprofessionell zugeklebt...

Das Board an sich...

Das Board sieht insgesamt sehr gut aus - die Leiterbahnen sind glatt, sauber kaschiert, der Silkprint Lösemittel- und Säurebeständig, die VIAs sitzen perfekt mittig und auch die Lötstellen auf der Oberseite sind einwandfrei. Es gibt 2 Versorgungsnetze, eines mit 5V für Businterface, 3-zu-8 Decoder (echt jetzt? Wozu haben wir ein CPLD?), EPROM (ja - EPROM, kein EEPROM) und LED, die aber um 90° verdreht montiert ist... - sowie ein 3,3V Netz für CPLD und JTAG. Weiteres bei der Besprechung des Netzteils weiter unten - hier schon mal der Schaltplan.

Schlampige Lötstellen

Von oben ist, wie schon beschrieben, die Verlötung der Bauteile einwandfrei. Nicht so auf der Unterseite...
Hier wurde wohl heftig mit Flussmittel gearbeitet, und keiner fand es notwendig, den Dreck wieder runterzunehmen. Einem Produkt in dieser Preislage ist das nicht angemessen (oder bin ich "too german"???). Egal - man hat ja Kontakt LR im Haus...
Ein paar Beispiele:

Spannungsversorgung

Wie oben schon angedeutet, gibt es 2 Spannungsversorgungsnetze - 5V 0,5A aus einem 78M05 im SOT-223-Gehäuse (im Bild rechts), und 3,3V 0,8A aus einem LM1117 (im Bild links), ebenfalls SOT-223. Abweichend zum Schaltplan übrigens, wo ein 7805 im TO-220 (1A) vorgesehen ist. Aber das ist nicht die einzige Abweichung vom Original.
Eine Versorgung für den RasPi ist nicht verdrahtet, technisch aber wohl möglich, wie folgender Gedankengang unter Berücksichtigung der jeweils maximalen Stromaufnahme zeigt:
	EPROM    25mA
	LED	 10mA
	HCT138	 50mA
	Pi3B+	500mA (niedrige Last, 400mA bei Idle)
	(Pi3B   300mA  vergleichbare Last, 250mA Idle)
	-------------
	Summe   585mA (385mA mit 3B)
Die Versorgung des RasPi 3B+ liegt also nicht im Bereich des Möglichen, wenn lediglich dieser Regler verwendet wird - ein 3B wäre OK - oder ein Austausch des 78M05 gegen den im originalen Layout vorgesehenen 7805.

Montage und Anschluss des Pi

Die mitgelieferten Kabel legen aufgrund ihrer Länge schon nahe, daß man den RasPi besser außerhalb der PEB plaziert, auch die Pfostenleiste zum Anschluss des RasPi liegt außerhalb der PEB. Das ist bei einem Zero2W auch ganz OK, von wegen WLAN und so. Aber ich will das Ding drinnen haben, und damit entsteht schon wieder ein Problem:
Von der Oberkante der Platine einer RS-232 Karte zur Außenkante des Gehäuses sind es 13mm - von Oberkante Platine TIPI-PEB Board zu Oberkante des Pi (Lötseite oben!) sind es 17mm!
Egal wie man es auch im wahrsten Sinne des Wortes dreht und wendet - den Pi in der PEB zu haben bedeutet, ihn durch die Platine zu montieren!
Auf den Bildern kann man sehen, wie knapp es im Vergleich zu einer RS232-Karte ist, und was alles von der Platine abgesägt werden muss. Dabei ging es mir nur um den LAN-Anschluss - die USB-Ports brauche ich nicht (wollte man die benutzen, wäre die o.a. Strombedarfskalkulation sowieso unbrauchbar und schon der RasPi 3B (ohne plus) müsste eine separate Stromversorgung erhalten!).
Was man nicht sieht, sind die Leiterbahnen zur Pfostenleiste, wo der RasPi angeschlossen werden muss - auch daran geht es extrem knapp vorbei. Und selbstverständlich müssten die Pfostenleisten gegen die abgewinkelte Variante getauscht werden, sonst sind die Steckverbinder schuld, wenn die Bauhöhe wieder nicht ausreicht? Nein - denn wenn abgewinkelte Pfostenleisten verwendet werden, klemmen die Kabel in den Abschirmklammern... vielleicht müssen die Kabel doch angelötet werden... nein - ich drehe die Pfostenleiste einfach um.
Aber wer bitte hat sich den Witz mit der LED erlaubt? Das muss natürlich anders rum!

In der Versenkung

Nach etlichem Sägen, Bohren und Feilen befand sich der RasPi dann genau da, wo er hin sollte.
Man kann recht gut sehen, wie er sich zwischen die anderen Karten einordnet und keinen Platz für andere Karten blockiert.
Man ist's zufrieden...
... allerdings muss die Verbindung zur PEB nun gelötet werden, zumindest am RasPi, aber das sollte kein Problem darstellen.
Zumindest wenn man nicht stur nach dem Original-Schaltplan vorgeht, denn da sind die Pins des 2x5 Steckers falsch numeriert!
Auf den Bildern (tbd) sieht man, wie es richtig gemacht wird.

Welchen Pi nimmt man am besten?

Knifflig... In der PEB kann man alle Varianten der "normalen" RasPi ab 3B aufwärts einsetzen (3B, 3B+, 4, 5) - beim kleinen Formfaktor bleibt nur der Zero 2W, der aber keinen Anschluss für ein LAN-Kabel hat - und ein TI mit LAN-Anschluss - das ist doch cool.
Meine ganz subjektive Empfehlung geht hier zum 3B (ohne plus). Warum?
Die Rechenleistung ist mit dem 3B+ vergleichbar, denn die Anforderungen an das Arbeitstempo beim Einsatz als TI-99/4A "Zuarbeiter" sind damit locker erfüllt, und die Stromaufnahme ist deutlich geringer.
... außerdem ist er ein bißchen billiger, und auf seinem Einband stehen in großen freundlichen Buchstaben...
oops - anderes Buch!

Konzeptionelle Bugs

Ganz allgemein gilt: Wenn man ein Massenspeichergerät für die PEB entwirft, muss man immer daran denken, daß bis zu 6 andere Geräte auch Diskette spielen wollen - als Sidecar ist dieses Risiko eher gering... Auch wenn das praktischerweise eigentlich nur noch der Floppy-Disk-Controller (eine SCSI-Einheit spielt i.d.R. nicht Diskette sondern Harddisk) sowie eine RAM-Disk sein können, muss die DSR so gestrickt sein, daß man auch noch Chancen hat, die anderen Geräte zu erreichen.
Genau dafür hat TI den nicht inkrementierten Rücksprung aus dem DSRLNK vorgesehen, den aber kaum ein von mir analysiertes Peripheriegerät zu implementieren scheint.

Dies gilt leider auch für die TIPI-PEB. Auch mangelt es ihrer DSR an der Erkennung eines responsiven, also voll initialisierten RasPi, d.h. das Wort "Timeout" ist ihr unbekannt. Wenn eine Anfrage an den Pi rausgeht, wird bis zum Sankt Nimmerleinstag auf eine Antwort gewartet - zumindest ist das bei meinem System mit der DSR vom Februar 2025 der Fall. Hier muss auf jeden Fall eine Anfrage der Art "PiReady?" rein - ist dem nicht so, springt die DSR entweder mit einer Fehlermeldung zurück (nach CALL TIPI), oder setzt das DSRLNK ohne INCT R11 fort.
Auch verstehe ich nicht, warum keiner auf die Idee kommt, und neben den (problembehafteten) Standard-Gerätenamen "DSK<1-4>" (sogar 0-9 bei TIPI), einfach mal so was wie "TIPIDSK<1-4>", oder "HRD<1-4>" etc.pp. zusätzlich zu den Standard-Namen in den DSRLNK-Header packt - Platz ist doch genug da.
Nun ja - wir haben ja noch die CRU-Adresse... und Force Command - aber das ist ein anderes (Software-)Thema!

CRU-Basisadresse

Als das Peripheriekonzept des TI-99 entworfen wurde, schien es vermutlich ausreichend, 16 Adressen für verschiedene Peripheriegeräte vorzuhalten, wenn sowieso nur 7 davon in die PEB passen - oder? Vor allem deshalb, weil man bei Massenspeichern erst einmal auf Disketten fixiert war. Nun - heute ist das anders.
Die TIPI-PEB-Karte kann auf eine beliebige der 16 Adressen gejumpert werden, wobei "hinter" dem FDC nur noch die Laufwerke jenseits DSK3 bzw. DSK4 regulär erreichbar sind. Das ist im TIPI-Wiki beschrieben und im Bild rechts nochmal veranschaulicht.
Wenn man einen normalen FDC, eine Horizon Ramdisk und ein TIPI in der PEB hat, wird es - siehe oben - dann schon eng.
Hier mag ich - offen gesagt - keine Empfehlung aussprechen, da viele der alten Softwaretitel diesem Umstand keine Rechnung tragen, daß eine Diskette nicht immer DSK1-4 heißt, und die Geräteadresse nicht immer >1100 ist!

Haben fertig!

Nach dem ganzen Gerede, hier nun die Auflösung - das Ding funktioniert wie erwartet!
Da ich den Spannungsregler nahe am Pi und nahe am Speisepunkt haben wollte, landete er mitten auf der Kupferfläche, deshalb die "Freiluftverdrahtung".
Der RasPi ist auf der Signalseite Richtung PEB steckbar und am Board verlötet, die Masse bekommt er auch darüber. Die Leitungen sind mit 2 Kabelhaltern so geführt, daß sie den Abschirmklemmen der PEB hinten nicht in die Quere kommen.
Die 5 Volt sind an den Pins 2 und 4 gesteckt, indem die betr. Pins der Pfostenleiste um 90 Grad abgekantet wurden.
Das Ganze hat auf Anhieb funktioniert, und beim zweiten Aufruf nach Bezug der IP-Adresse lief dann auch gleich das Update - nun hat mein TI eine Internetanbindung!
Dann gleich über Telnet per SUDO die SD-Karte freigemacht und jetzt kann man loslegen - 30 GB sollten fürs erste reichen...
Ach ja - die LED ist jetzt "normgerecht" gelb und am richtigen Platz! Hätte man auch gleich im Layout so machen können...

Der Vorteil durch die versenkte Montage ist, daß man die SD-Karte leicht wechseln kann - und die Betriebs-LEDs des RasPi sieht man auch gut von vorne. Von oben kommt man an den HDMI-Anschluss - und ein USB-Port ist leicht erreichbar. Sollte also etwas auf dem RasPi zu machen sein, während er am TI hängt, lässt sich das einfach durch Öffnen des PEB-Deckels einrichten.

Kommen wir nun zu etwas völlig anderem: Inkompatibilitäten

Nach diversen Experimenten mit Floppy-Laufwerken, HxC, Gotek usw. traten nicht selten "I/O Error - Device not ready" auf. Interessanterweise auch dann, wenn die TIPI-PEB für die Tests z.B. auf CRU >1800 codiert war. Ohne TIPI-PEB lief der DM 1000 V4 einwandfrei, mit ihr kam man an kein Laufwerk dran. Der TI Diskmanager III (ist das was offizielles?) kam damit klar, und TI Basic auch.
Deswegen (und wegen des auch beim TIPI-Sidecar noch nicht geklärten File-Managements) ist dieses Projekt noch nicht abgeschlossen - stay tuned!

Kontakt:
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Findet ihr sie anderswo, wurden sie hier geklaut!
Letzte Aktualisierung:
2025-09-17 CW